Wenn man noch kein geübter Saatgutgärtner ist und sich lieber seine Samen Jahr für Jahr einkauft, weiß man bei dem Überangebot oft nicht, was man nehmen sollte. Gehe ich jetzt in den Baumarkt, lachen mich die leuchtenden Glanzbildchen schon von weitem an und man wird wirklich verlockt zu zugreifen. Doch woher kommt dieses Saatgut? Wie wird es produziert? Welche Informationen sind darin gespeichert?
Damit wir auch wirklich Freude an unserer Ernte haben und vielleicht noch, wenn es gut gewachsen ist und gut geschmeckt hat, Saatgut selbst ernten können, muß das Ursprungssaatgut bestimmte Kriterien erfüllen! Das Allerwichtigste dabei ist, dass es samenfest ist. Das heißt, wenn ich den Samen ernte und wieder anbaue, bekomme ich auch wieder das Jahr darauf die gleichen Früchte. Ist das denn nicht überall der Fall? Leider nein. Denn wenn ich F1-Hybriden als Ursprungssaatgut verwende, dann bekomme ich im Jahr darauf wahrscheinlich einige Überraschungen zu sehen. Doch was sind F1-Hybriden nun genau? Die Hybridzüchtung ist ein Beispiel für Heterosiszüchtung (grob übersetzt: Inzuchtzüchtung), zur Erzielung einer hohen markt- oder betriebsgerechten pflanzlichen Produktion durch Bastardwüchsigkeit. So werden bei der Hybridzüchtung geeignete, gesondert gezüchtete Inzuchtlinien einmalig miteinander gekreuzt (Einfachhybride). Die Nachkommen der ersten Generation (F1) einer solchen Kreuzung haben gegenüber der Elterngeneration ein üppigeres Wachstum (Heterosiseffekt), daher wird durch ihre Kreuzung eine gesteigerte Leistung erzielt. Zudem findet eine Kombination der gewünschten Eigenschaft der Ausgangs-Inzuchtlinien statt.
Für den Landwirt, bzw. Gärtner, bedeutet dies jedoch, dass das Saatgut jedes Jahr wieder neu bezogen werden muss, wenn er den Ertragsvorteil gegenüber Nicht-Hybriden weiterhin erhalten will, da der Heterosiseffekt nur in der F1-Generation auftritt und danach wieder verloren geht. Während Landwirte und Gärtner in Industrieländern meist diese Strategie fahren, verwenden Bauern in Entwicklungsländern häufiger Nachkommen von Hybriden (recyclen), wenn diese trotz Verlust des Heterosiseffekts noch bessere Eigenschaften als traditionelles Saatgut aufweisen.
Im Selbstversorgeranbau ist jedoch ein Erhalt von alten bewährten Sorten und eine Auslesezüchtung von Vorteil, da eine Abhängigkeit von Industriezüchtungen keineswegs wünschenswert wäre, denn dies führt in eine absolute Abhängigkeit. Der Erhalt des Saatguts muß bei den Kleingärtnern bleiben!
Ein weiterer Aspekt, der gegen die Supermarkt-Saaten spricht, ist die Herkunft. Meist werden solche Saaten in warmen Ländern produziert, weil die Arbeitskosten minimaler sind und der Ernteertrag höher. Zudem werden die Pflanzen mit Pflanzenschutzmitteln behandelt und entsprechenden Düngern hochgepeppt. Die Information im Saatgut ist dann: ich komme aus einer warmen Gegend und brauche mich nicht bemühen Abwehrkräfte gegen Pilze und Insekten aufzubauen. Nehmen wir stattdessen Bio-Saatgut aus der Region, dann kommt der Samen von Pflanzen, die unserem Klima angepasst sind. Die Pflanzen wachsen schon mal robuster heran. Dieser Vorteil macht sich dann später wieder bemerkbar, im eigenen Garten, weil diese Pflanzen auch kräftiger wachsen und zudem selbst eigene Abwehrkräfte den Schädlingen gegenüber mitbringen. Achtet man also auf samenechtes Bio-Saatgut aus der Region, dann steht der autarken Selbstversorgung nichts mehr im Wege! Das spart in Zukunft viel Zeit, Ärger und Geld!
Gute Bücher zur Vertiefung dieses Themas wären:
- Mein Biogemüsegarten von Annette Holländer, EMF-Verlag
- Handbuch Samengärtnerei, Andrea Heistinger, Löwenzahn Verlag
Viel Erfolg im neuen Gartenjahr,
wünscht Euch Hannelore Zech vom Mienbacher Waldgarten / Selbstversorger-Akademie, www.mienbacher-waldgarten.de
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